Saarland-Connection - Kranke Geschäfte mit der Gesundheit

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Hoellenvaart
Schwallerkopp
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Saarland-Connection - Kranke Geschäfte mit der Gesundheit

Beitrag von Hoellenvaart »

ein besonders plastisches beispiel für die verkommenheit (euphemistisch "lobbyismus" genannt) des politischen systems in unserem land:

24. August 2019, 8:32 Uhr
Lobbyismus: Die Saarland-Connection

Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) hat sich Unterlagen zufolge massiv für den Erhalt eines umstrittenen Importzwangs für Arzneimittel eingesetzt.
Anfang des Jahres hatte Gesundheitsminister Spahn (CDU) geplant, die Pflicht für Apotheker, Importware abzugeben, zu streichen oder mindestens einzuschränken.
Einer der Profiteure der nun weiterbestehenden Zwangsregelung ist der Medizinimporteur Kohlpharma mit Sitz in Altmaiers Wahlkreis im Saarland.


https://www.sueddeutsche.de/politik/alt ... -1.4573748

die gesundheitsgefährung durch dieses perverse reimport-system ist schon lange bekannt, hier z.b. ein kommentar aus 2011:

Keine Angst bei Parallel- und Importware? Jein. Denn durch das (komplexe) Parallel- und Reimportgeschäft wird zusätzlich eine andere Tür geöffnet, die sich in einer Zunahme der Fälschungen in der regulären Lieferkette äußert. Zum einen aufgrund der »gängigen« Praxis des Umpackens zugelassener parallel-importierter Arzneimittel: Ein Arzneimittel, das zum Beispiel in Griechenland hergestellt wird, um in Deutschland (wegen der Preisdifferenz) teurer verkauft zu werden, muss umgepackt, eventuell zerschnitten, anders portioniert, umsortiert und mit deutschsprachigen Etiketten beklebt werden. Dadurch könnten die vom Originalhersteller aufgebrachten »fälschungssicheren, -schützenden« Maßnahmen zerstört werden. Zum anderen führt die zunehmende Anzahl von Groß- und Zwischenhändlern dazu, dass ein Arzneimittel, bevor es den Patienten erreicht, durch viele Hände an vielen Orten geht. Ein Vorbeileiten am eigentlichen Zielland und Verkauf in einem anderen Land, in dem höhere Preise locken, ist auch nicht ausgeschlossen. All dies beeinflusst die Versorgungssysteme, kann zu Engpässen führen und erhöht dadurch vor allem die Gelegenheit für das Einschleusen von Fälschungen. Darum sollte nach wie vor jeder Hinweis von Patienten auf mögliche Qualitätsmängel auch bei diesen Waren sehr ernst genommen werden.

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ ... mportware/

nebenbei sei erwähnt, dass die deutschen reimport-unternehmen massive subventionen erhalten, wenn sie in wirtschaftliche schieflage geraten, hier das bsp. CC Pharma:

Seit 2013 erwirtschaftete CC Pharma Verluste, die zunächst durch Eigenkapital abgefangen werden konnten. 2015 fuhr das Unternehmen einen Verlust in Höhe von 13,7 Millionen Euro ein, die abgeführten Herstellerrabatte betrugen im selben Zeitraum 14,5 Millionen Euro. Das BAFA genehmigte eine Befreiung von den Herstellerrabatten für den Zeitraum Januar bis September 2015. Die Krankenkassen mussten dem Importeur 10,7 Millionen Euro netto zurückzahlen.

Die wirtschaftliche Lage von CC Pharma besserte sich etwas, in die schwarzen Zahlen kam man aber nicht. Im ersten Halbjahr 2016 musste CC Pharma immer noch einen Verlust von 3,5 Millionen Euro verbuchen. Im selben Zeitraum zahlte das Unternehmen Herstellerrabatte in Höhe von 5,8 Millionen Euro brutto. Das BAFA genehmigte abermals eine vorläufige Befreiung für Januar bis April 2016.


https://m.apotheke-adhoc.de/nachrichten ... en-erlass/

dass überhaupt bewegung in die angelegenheit kam, liegt mal wieder nur daran, dass ein besonders übler fall von missbrauch ans tageslicht gekommen ist (vergleichbar mit Fukushima im bereich der atomenergie):

Brandenburg
Lunapharm fordert Entschädigung vom Land

Potsdam - 22.07.2019, 12:00 Uhr

Nachdem dem Brandenburger Arzneimittel-Importeur und -Großhändler Lunapharm nach der Kontraste-Berichterstattung im vergangenen Sommer die Herstellungs- und Großhandeslerlaubnis zunächst auf Zeit entzogen war, sind ihm diese Geschäfte seit Februar auf Dauer untersagt. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, mit angeblich in Griechenland gestohlenen Krebsmedikamenten gehandelt zu haben. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dauern an. In Zusammenhang mit der Aufklärung trat die frühere Brandenburger Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) zurück – sie hatte zuvor eine Taskforce beauftragt, die Geschehnisse aufzuarbeiten.

https://www.deutsche-apotheker-zeitung. ... g-vom-land

Lunapharm-Affäre
Gefährden komplexe Vertriebswege die Arzneimittelsicherheit?

Berlin - 26.07.2018,

Die Brandenburger Lunapharm-Affäre ist ein aktuelles Beispiel dafür, wie kompliziert Arzneimittelvertriebswege sein können. So lieferte der Pharmahändler aus Mahlow zum Teil an mehrere weitere Zwischenhändler, bevor die mutmaßlich gestohlenen Krebsmedikamente in Apotheken gelangten. Was bedeutet der deutsch-griechische Medikamentenskandal für Lunapharms ehemalige Geschäftspartner?

Im Skandal um die mutmaßlich in Griechenland gestohlenen Arzneimittel sind noch viele Fragen offen. So ist etwa unklar, wie viele Patienten Krebsarzneimittel des Brandenburgischen Händlers Lunapharm erhielten. Bekannt ist dagegen, an welche Kunden Lunapharm die betroffenen Präparate geliefert hatte. Am vergangenen Freitag hat das zuständige Gesundheitsministerium Brandenburg eine Liste veröffentlicht, an wen Lunapharm die mutmaßlich gestohlenen Medikamente aus Griechenland geliefert hat.
Illegaler Arzneimittelhandel
Lunapharm-Affäre

Demnach sind die potenziell geschmuggelten Arzneimittel deutschlandweit sowie nach Litauen und Polen verkauft worden. In Deutschland ging die Ware in verschiedene Apotheken sowie onkologische Großhändler wie etwa CK Pharma oder auch an Omincare. Ebenfalls auf der Kundenliste von Lunapharm stand der Importeur CC-Pharma und der Großhändler Gehe.

https://www.deutsche-apotheker-zeitung. ... sicherheit

man siehe also, ein kunde von Lunapharm war das massiv subventionierte unternehmen CC Pharma. kurz noch mal die erläuterung dieses perversen systems:

Reimport-Arzneimittel werden in Deutschland hergestellt und dann zunächst in ein anderes europäisches Land ausgeführt. Arzneimittelimporteure kaufen sie dort zu einem günstigeren Preis ein und führen Sie wieder zurück nach Deutschland. Durch diesen Einkaufsvorteil können Reimport-Arzneimittel dann zu einem niedrigeren Preis angeboten werden, als das Originalpräparat, welches direkt in Deutschland vertrieben wird.

https://www.ptaheute.de/fortbildung/e-l ... lelimport/

die frage, die man sich hierbei stellen muss: warum werden massen von arzneimitteln erst billig ins ausland exportiert, wenn sie dann sowieso wieder reimport werden und dann zu einem höheren, aber immer noch niedrigeren preis als für nicht ins ausland gelangte ware, im inland verkauft werden? angeblich führt dies zu einer ersparnis im deutschen gesundheitssystem (wenn auch nur mit einem anteil von 0,3 %, siehe ausgangsartikel), welche das teuerste, aber bei weitem nicht das beste gesundheitssytem der welt ist. warum ist das wohl so? :banghead: :banghead: :banghead:
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Yeti
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Re: Saarland-Connection - Kranke Geschäfte mit der Gesundheit

Beitrag von Yeti »

Hoellenvaart hat geschrieben: Samstag 24. August 2019, 10:47 die frage, die man sich hierbei stellen muss: warum werden massen von arzneimitteln erst billig ins ausland exportiert, wenn sie dann sowieso wieder reimport werden und dann zu einem höheren, aber immer noch niedrigeren preis als für nicht ins ausland gelangte ware, im inland verkauft werden? angeblich führt dies zu einer ersparnis im deutschen gesundheitssystem (wenn auch nur mit einem anteil von 0,3 %, siehe ausgangsartikel), welche das teuerste, aber bei weitem nicht das beste gesundheitssytem der welt ist. warum ist das wohl so? :banghead: :banghead: :banghead:
Kurze Antwort:
Weil uns die Politiker gemeinsam mit der Pharmaindustrie und den Krankenkassen seit Jahrzehnten verarschen!
:wuerg:
Wer die Demokratie verschläft, wacht in der Diktatur auf.
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Re: Saarland-Connection - Kranke Geschäfte mit der Gesundheit

Beitrag von Atlan »

Interessanter Artikel @Hoelle...! Daumen hoch!
Ich schließe mich @Yetis Antwort an.
Grün/Weiße Grüße :wave:
Alle wollen zurück zur Natur. Aber keiner zu Fuß.